Coaching hat Hochkonjunktur, die Coaching-Methoden sind mannigfaltig und Coaching-Angebote in grosser Auswahl vorhanden. Und jetzt noch ad-hoc-Kurzcoaching? Und was ist das genau? Ad hoc Kurzcoaching ist ein Einzelcoaching, und arbeitet mit traditionellen Coaching-Methoden, behandelt jedoch aktuelle Fragestellungen zeitnah, dann, wenn sie anstehen, ohne auf den nächsten Coaching-Termin warten zu müssen. Warum aber braucht es so ein Format und wie ist die Idee dazu entstanden? Hier die Entstehungsgeschichte.
Es ist die Geschichte von Peter. Als wir uns kennenlernten, war er seit kurzem Geschäftsführer einer Stiftung geworden. Zuvor hatte er mehrere Funktionen im mittleren Management inne in verschiedenen Firmen und er konnte auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen, nicht nur hinsichtlich des Managements von Abteilungen, sondern auch in der personellen Führung.
Peter beauftragte mich zur Unterstützung bei der Selektion einer Geschäftsführerposition, die Peter zum Anlass nahm, sich auch über die Gesamtorganisation Gedanken zu machen. Die Analyse der strategischen Ausrichtung sowie der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen führte zu einer Neugestaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen, welche ich ebenfalls als Organizational Design Projekt begleitete.
In dieser Zeit hatte ich nicht nur die Stiftung gut kennengelernt, sondern auch Peter als Person. Es hatte sich ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Eines Tages rief mich Peter an. Er hätte eine schlaflose Nacht hinter sich, da er vor einer schwierigen Entscheidung stehen würde, die möglicherweise weitreichende Folgen für die Stiftung und deren Mitarbeitenden hätte. Es sei alles mit der Stiftungspräsidentin besprochen, die Fakten würden auf dem Tisch liegen, aber er merke, dass er das Thema gerne mit einer neutralen Person durchbesprechen möchte, um entscheidungsfähig zu werden. Es sei ihm bewusst geworden, dass es Aspekte gebe, welche die Entscheidung beeinflussen würden, welche er nicht mit der Stiftungspräsidentin so offen besprechen könne und auch nicht mit seinem Managementteam, welches Peter bislang in jede Entscheidung aktiv einbezogen hatte. Wir räumten unsere Kalender frei und trafen uns am gleichen Tag, Peter legte sehr offen alles auf den Tisch, die Fakten, aber auch das Unausgesprochene sowie seine Bedenken und ich coachte Peter und diente ihm als Soundingboard.
Zwei Wochen später rief mich Peter nochmals an, er hätte eine Idee bzw. Bitte. Es sei ihm klar geworden, dass er einen externen Sparringpartner brauche, für Fragestellungen, zu denen er sich ad hoc austauschen wolle, und zwar dann, wenn sie anstehen würden. Er fühle sich mitunter sehr einsam in seiner Rolle. Natürlich würden auch seine Freunde und Familie ihm zuhören, aber die Diskussionen seien immer gefärbt von der persönlichen Beziehung. Er wolle auch kein regelmässiges Coaching, aber dann, wenn ein Thema anstehen würde, möchte er gerne eine Plattform für einen professionellen Austausch mit einer neutralen Person. Die Idee vom ad-hoc-Kurzcoaching war geboren.
Ad-hoc Kurzcoaching heisst …
… spontane Coaching-Sitzungen beim Vorliegen einer konkreten aktuellen Fragestellung, um eine Aussensicht oder Input zu erhalten oder eine Reflektionsplattform zu nutzen, um die Handlungsmöglichkeiten zu erhöhen.
Ad-hoc Kurzcoaching gelingt …
… wenn ein Vertrauensverhältnis etabliert werden konnte, der Kontext der Unternehmung bekannt ist und entsprechend rasch und präzise die Fragestellung diskutiert werden kann. Je länger die Arbeitsbeziehung dauert, desto fruchtbarer wird das Coaching.
Ad-hoc Kurcoaching bietet sich an …
… bei ganz konkreten Fragen, die unmittelbar bearbeitet werden müssen, um zu einer konkreten Lösung zu kommen. Es ist deshalb sehr lösungsorientiert. Für entwicklungsorientierte bzw. längerfristige Fragestellungen, bieten sich jedoch andere Formen an.
Es können dies – und die Auflistung ist nicht abschliessend – folgende Formate sein:
Einzelcoaching
- Setting: Fixe Termine in einem bestimmten Zeitraum für die Bearbeitung einer vorher festgelegten Fragestellung, meist mit dem Fokus einer längerfristig ausgelegten Entwicklung
- Mögliche Fragestellungen: Konflikte mit einem Vorgesetzen oder Mitarbeitenden, sich finden in einer neuen Rolle, Entwicklung von Persönlichkeitsaspekten etc.
Gruppencoaching
- Setting: Fixe Termine in einem bestimmten Zeitraum für eine Gruppe von mehreren Personen, die gleichzeitig gecoacht werden zu einem Thema, dass alle unmittelbar betrifft um die Gruppe längerfristig gemeinsam weiterzuentwickeln (Stichwort Teamcoaching)
- Mögliche Fragestellungen: Zusammenarbeit, Konflikte, Kommunikation innerhalb des Teams etc.Konflikte mit einem Vorgesetzen oder Mitarbeitenden, sich finden in einer neuen Rolle, Entwicklung von Persönlichkeitsaspekten etc.
Kollegiale Fallberatung
- Setting: Fixe Termine in einem bestimmten Zeitraum von festgelegten Kleingruppen (4 bis 6 Personen), in denen die Kolleginnen und Kollegen anhand eines vorgegebenen Ablaufs konkrete aktuelle Fälle aus ihrer Praxis diskutieren und so in die Rolle der Coaches für den Fallgeberin bzw. den Fallgeber schlüpfen
- Mögliche Fragestellungen: Anspruchsvolle Führungssituationen, Fragestellungen in der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, Lieferanten oder Kunden etc. Konflikte mit einem Vorgesetzen oder Mitarbeitenden, sich finden in einer neuen Rolle, Entwicklung von Persönlichkeitsaspekten etc.
- Die Offenlegung der Ergebnisse gegenüber dem Feedbackempfangenden ist zwingend. Gleichzeitig ist es ist empfehlenswert diesen in einem Gespräch zu unterstützen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen und Folgemassnahmen festlegen zu können. Eine Information an die Feedbackgebenden ist ebenfalls sinnvoll.Eine detaillierte Offenlegung der Ergebnisse ist allerdings nicht nötig, eine Grobinformation hingegen wertvoll; schliesslich haben sie sich Zeit und Mühe genommen, um Feedback zu geben.
Peter heisst übrigens nicht Peter, die Stiftung ist erfunden. Aber die Beratungsaufträge im ad-hoc Kurzcoaching, der Selektionsunterstützung und dem Organisations Design sind reale Fälle aus meiner Beratungspraxis.
Oktober 2022